Der nachfolgende Text ist mit freundlicher Genehmigung von DATA Alliance | Trend Research, Gruner + Jahr übernommen worden. Wir halten den Inhalt für so interessant, dass wir Dir diesen nicht vorenthalten wollten.
Entgegen vieler Prognosen hat das Heiraten für junge Erwachsene nach wie vor einen hohen Stellenwert.1 Im Vergleich zu den Vorgängergenerationen gibt es dabei allerdings deutliche Unterschiede: Während die Ehe lange Zeit als das höchste gesellschaftliche Ideal galt, wird laut Soziologen, Psychologen und Beziehungsexperten eine praktische und sachliche Haltung gegenüber der Ehe mehr und mehr zur Norm.2
Zudem zeichnet sich ein deutlicher Trend zur späteren Heirat ab: Im Zeitraum von 1991 bis 2018 ist das Heiratsalter der Frauen in Deutschland von 26,1 auf 32,1 Jahre gestiegen, bei Männern von 28,5 auf 34,6 Jahre.3 Benjamin Karney, Professor für Sozialpsychologie an der University of California, kommentiert dies wie folgt: "Die Leute verschieben die Ehe nicht nach hinten, weil sie sich weniger um die Ehe kümmern, sondern weil sie sich mehr um die Ehe kümmern." Jüngere Generationen wünschen sich eine starke Grundlage – auch um Scheidungen zu vermeiden: Rund der Hälfte der Gen Y und Z ist es wichtig, erst finanziell unabhängig und beruflich erfolgreich zu sein, bevor sie heiraten.4
DIE "SCHLUSSSTEIN-EHE" – WARUM MILLENNIALS SO SPÄT HEIRATEN
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu den Vorgängergenerationen: Millennials nehmen sich mehr Zeit, sich kennen zu lernen und wohnen meist schon jahrelang zusammen, bevor sie sich entschließen zu heiraten. Laut einer für die USA repräsentativen Online-Befragung von ca. 2.000 Personen leben Millennials im Schnitt bis zu zehn Jahre mit ihrem Partner zusammen, bevor sie heiraten. Viele haben zu diesem Zeitpunkt sogar schon gemeinsame Kinder oder gemeinsam eine Immobilie gekauft.5 Die traditionelle Reihenfolge – kennenlernen, heiraten, zusammenziehen, Nachwuchs bekommen – wird damit aufgelöst. Andrew Cherlin, Soziologe an der Johns Hopkins University, nennt die immer später geschlossenen Ehen ‚Schlussstein-Ehen‘: "Die Ehe war früher der erste Schritt ins Erwachsenenalter. Jetzt ist es oft der letzte. Für viele Paare ist die Ehe etwas, was man tut, wenn man den Rest seines persönlichen Lebens geordnet hat."6
TREND ZUM "REGROUNDING" IN DER GEN Z
In der Gen Z setzt sich außerdem der sich seit Jahren abzeichnende Trend zum sogenannten "Regrounding" fort. Laut der Sinus Jugendstudie 2020 streben die meisten Jugendlichen einen unaufgeregten Lebensentwurf in gesicherten Bahnen an: 7 eine glückliche und feste Partnerschaft oder Ehe, Kinder, Haustiere, ein eigenes Haus, ein guter Job und genug Geld, um sorgenfrei über die Runden zu kommen. Exzentrische Lebensentwürfe und der Hang zum großen Rausch finden sich heute eher selten. Auch Hyperindividualismus ist den Forschern zufolge auf dem Rückzug.
MICRO-HOCHZEIT STATT XXL-FEIER
Weltweit verändern sich die Formen der Ehe – und damit auch die Vorstellungen einer perfekten Hochzeitsfeier. In Deutschland feiert mittlerweile fast jeder Vierte seinen großen Tag mit 51 bis 75 Gästen. Auch große Hochzeitsfeiern mit über 100 Gästen sind beliebt (13%). Das hat die Studie "So heiratet Deutschland 2020" der kartenmacherei ergeben, für die im Zeitraum Dezember 2019 bis Januar 2020 1440 Deutsche befragt wurden.8
Doch immer mehr Millennials, denen bekanntlich Erfahrungen wichtiger als Materielles sind, pfeifen auf die große, bunte Traumhochzeit. Dadurch werden entspannte Hochzeiten im kleinen Kreis, zu dem nur engste Familienangehörige oder Freunde eingeladen werden, immer populärer. Diese Art, sich das Ja-Wort zu geben, wird auch Micro-Wedding oder Intimate Wedding genannt. 2020 wurden angesichts der Corona-bedingten Kontaktbeschränkungen gezwungenermaßen besonders viele solcher Mini-Hochzeiten gefeiert.
Doch der Trend zeichnete sich schon lange vor der Pandemie ab: 13 Prozent der im Dezember 2019 bzw. Januar 2020 Befragten haben sich für eine Hochzeit mit weniger als 25 Gästen entschieden, im Jahr zuvor waren es 12 Prozent.9 Besonders bei Paaren über 35 sind kleinen Hochzeitsfeiern beliebt: Fast jeder vierte der über 35-jährigen schloss den Bund der Ehe nur im Kreis der engsten Angehörigen.
DIY-TREND: FÜR DIE GÄSTE WERDEN BRAUTPAARE KREATIV
Bei der Organisation der Hochzeit greift die Mehrheit auf Unterstützung aus dem nahen Umfeld zurück: So erhält laut der Hochzeitsstudie der kartenmacherei jeder Vierte Hilfe von der Familie bei der Hochzeitsplanung, 15 Prozent werden von Freunden unterstützt. Einen professionellen Wedding Planner engagieren hingegen nur vier Prozent.
Das Essen überlässt die große Mehrheit (91%) einem professionellen Caterer, auch die Hochzeitstorte lassen fast Zweidrittel von einem Profi zaubern. Für die Blumen wird in 80 Prozent der Fälle ein Dienstleister beauftragt, immerhin elf Prozent der Brautpaare übernehmen dies aber auch selbst.
Der Trend, bei der Hochzeit selbst Hand anzulegen, wird dabei immer beliebter: Immer mehr Brautpaare möchten ihrer Hochzeit einen individuellen Touch verleihen und greifen bei der Dekoration selbst in die Bastelkiste. Besonders Schilder, Wegweiser und Beschriftungen werden in über der Hälfte aller Fälle selbst gefertigt. Die Hochzeitsgäste werden auf jeder zweiten Hochzeit mit einem DIY-Gastgeschenk beglückt und auf jeder dritten Hochzeit können sie sich in einem selbstgemachten Gästebuch verewigen. Für gute Stimmung sorgt jedes vierte Brautpaar mit einer selbstgemachten Candy Bar und 14 Prozent mit einem DIY Fotobooth.
HOCHZEITSSTIL – DER VINTAGE- UND BOHO-TREND SETZT SICH FORT
Klassisch-elegante Hochzeiten lagen 2020 auf Platz 1: Jedes vierte Brautpaar entschied sich für diesen Hochzeitsstil. Auf dem zweiten Platz folgen mit 15 Prozent verspielte Vintage- oder Boho-Hochzeiten. Dieser Trend ist besonders bei Paaren unter 30 beliebt. Derzeit sind bei Hochzeiten in diesem Stil laut Weddingplanerin Nadine Metgenberg von ‚Fine Weddings & Parties‘ insbesondere "Blumen-Installationen, hängende Pflanzen, Fotoboxen aus frischen Blumen sehr angesagt – alles sehr instagramable. Und auch Lichtermeere sind weiterhin sehr gefragt."10
Zwölf Prozent der Deutschen mögen es laut der Studie "So heiratet Deutschland 2020" hingegen rustikal und gestalten ihre Hochzeit im Landhaus-Stil. Sechs Prozent der Befragten feiern direkt auf einem Bauernhof oder in einer Scheune.
Motto-Hochzeiten werden hingegen nur von fünf Prozent der Befragten gefeiert. Dabei waren 2020 vor allem Mottohochzeiten in Anlehnung an Filme und Serien beliebt.
GRÜNE HOCHZEITEN BOOMEN – FAST ZWEI DRITTEL HEIRATEN NACHHALTIG
Millennials und die Generation Z legen bekanntermaßen besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit – da ist es nur konsequent, dies auch am Hochzeitstag zu tun. Fast zwei Drittel der Befragten (60%) haben 2020 bei ihrer Hochzeit – zumindest in Teilen – auf ein ökologisches Konzept Wert gelegt. Green Wedding wird dieses Konzept auch genannt, das laut Weddingplannerin Nadine Metgenberg immer beliebter wird.11
Besonders beim Essen und der Dekoration wählten die Paare nachhaltige Alternativen: 32 Prozent der Brautpaare tischten laut der Studie der kartenmacherei ihren Gästen regionale und saisonale Speisen auf oder achteten darauf, Lebensmittel in Bioqualität zu verwenden. Zudem kamen bei 18 Prozent der Befragten vegetarische Speisen auf den Tisch.
Bei der Dekoration wählte jedes dritte Brautpaar nachhaltige Alternativen, die nach dem großen Fest nicht einfach im Keller oder Müll landen. Stattdessen griffen sie beispielsweise zu Naturmaterialen und gebrauchten Gegenständen, die mit wenig Aufwand recycelt werden können. Das Hochzeitsoutfit nur einmal tragen? Das kam für viele der Befragten nicht in Frage. Fast jeder Fünfte entschied sich für Kleidung, die auch nach dem großen Tag noch aufgetragen werden kann.
HEIRATEN IN ZEITEN VON SOCIAL DISTANCING
2020 war für Brautpaare ein besonders herausforderndes Jahr: Wer den Bund fürs Leben schließen wollte, hatte insbesondere während der Lockdowns schlechte Karten. Die Stadtverwaltungen schränkten aufgrund der Corona-Pandemie ihre Dienstleistungen erheblich ein – viele Standesämter begrenzten die Zeremonien auf ein Minimum, manche blieben ganz geschlossen.
Laut dem Statistischen Bundesamt haben 139.900 Paare in Deutschland im 1. Halbjahr 2020 geheiratet, 29.200 weniger als im Vorjahreszeitraum.12 Seit der Vereinigung 1990 wurden im ersten Halbjahr eines Jahres nur einmal noch weniger Ehen in Deutschland geschlossen: 2007 waren es 138.800.
Ein besonderer Umstand hat dazu geführt, dass die Zahl der Eheschließungen im 1. Halbjahr 2020 insgesamt nicht noch geringer ausfiel: Der Februar bot heiratswilligen Paaren gleich zwei Termine, die leicht in Erinnerung bleiben: Der 20.02.2020 und der 02.02.2020. Dies nahmen auch viele Paare zum Anlass: So fand im Februar 2020 mit 21.500 Eheschließungen eine überdurchschnittlich hohe Anzahl von Trauungen statt.
HEIRATEN 2021 – VERLIEBT, VERLOBT, VERSCHOBEN?
2020 mussten viele Hochzeiten abgesagt, verschoben oder umgeplant werden. Jetzt inmitten des zweiten Lockdowns stellt sich für viele Paare erneut die Frage: Heiraten 2021 oder 2022? Sind Feiern erlaubt? Was ist ein geeigneter Termin und wie viele Gäste dürfen dabei sein?
Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Lage unübersichtlicher denn je. Umso wichtiger werden professionelle Dienstleister und Hochzeitsplaner, die bei der Suche nach geeigneten Locations, kurzfristigen Terminen und beim spontanen Umplanen unter die Arme greifen.
Trotz aller Einschränkungen haben die jüngsten Erfahrungen gezeigt: Hochzeiten trotz Corona sind möglich und bleiben etwas ganz Besonderes – auch wenn die Art zu feiern vermutlich etwas anders ausfällt, als wir es aus den Jahren zuvor kennen. Ob Outdoor-Trauungen am Strand, auf einem Alpaka-Gestüt oder Winterhochzeiten bei Glühwein – Not macht erfinderisch und kreative Lösungen sind auf dem Vormarsch.
Auch der Trend Intimate Wedding setzt sich immer stärker durch – und das nicht nur wegen der Corona-bedingten Beschränkungen. Vielmehr beschleunigt die Pandemie den Trend und lässt uns spüren, was wirklich wichtig ist: Die kostbare gemeinsame Zeit mit Familie und Freunden.
1"The Knot 2020, Studie "Future of Relationships and Weddings”
2"https://www.welt.de/kmpkt/article176827798/Ehe-Aus-diesem-Grund-heiraten-Millennials-spaeter-als-ihre-Eltern.html
3"https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1329/umfrage/heiratsalter-lediger-frauen/ und https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1328/umfrage/heiratsalter-lediger-maenner/
4"The Knot 2020, Studie "Future of Relationships and Weddings”
5"Studie der Datingseite eHarmony 2018, n = 2084, Online-Interviews durchgeführt von Harris Interactive.
6"https://www.welt.de/kmpkt/article176827798/Ehe-Aus-diesem-Grund-heiraten-Millennials-spaeter-als-ihre-Eltern.html
7"Sinus Jugendstudie 2020, qualitative Interviews mit 72 aus dem gesamten Bundesgebiet stammenden Menschen im Alter von 14 bis 17 Jahren
8"Online-Umfrage "So heiratet Deutschland" der kartenmacherei, n = 1.440, Befragungszeitraum 23.12.2019 bis 15.01.2020
9"Online-Umfrage "So heiratet Deutschland" der kartenmacherei, n = 1.440, Befragungszeitraum 23.12.2019 bis 15.01.2020
10"https://www.cosmopolitan.de/hochzeitstrends-2020-89342.html
11"https://www.cosmopolitan.de/hochzeitstrends-2020-89342.html
12"https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/09/PD20_N059_12.html;jsessionid=E6AE525FDDE5E038538305DDFC3E8A8B.internet8732